Tasting Notes: Italien und Bordeaux

Erstellt von Thomas Gassner |

Kampanien - Toskana - Piemont - Bordeaux

Verkostungsnotizen vom Merano WineFestival

Fiano & Falanghina

Es tut sich auch weißweinmäßig was in Süditalien, vor allem Kampanien. Die Zeiten der plumpen, schweren, teils -wahrscheinlich ungewollt- oxidativen Weinen sind dort vorbei. Die Rebsorten Fiano und Falanghina, wenn gut gemacht zeigen, wie beim 2013er Sogno di Rivolta Beneventano (aus dieser Region) von der Fattoria La Rivolta ungeahnte Frische und Frucht. Nicht am Start in Meran, aber in diesem Zusammenhang erwähnenswert der 2014er „Svelato“, ein Falanghina di Sannio von Terre Stregate, ein erst 2004 wieder begründeter Betrieb. Da legt  man sich sogar als eingefleischter Friaul-Trinker ein paar Flaschen zu. In der „Award Area“ vom Weingut La Fortezza ein 2014er Fiano Sannio. Gelbfruchtig, mit feinen Kräuternunacen am Gaumen.

Toskana

Wichtigste Erkenntnis? Die 2011er Supertuscans und Brunellos brauchen sich vom hochgelobten Vorgängerjahrgang nicht verstecken, sind für den baldigen Konsum sogar eindeutig vorzuziehen.
So der 2011er Sammarco von Castello di Rampolla. Runde Tannine, Kraft und Saft aber unglaublich nobel und stilvoll. Staunen und genießen. Überhaupt Rampolla. Schon der 2013er Chianti Classico – was für eine tolle Basisqualität ! Mit großem Vergnügen verkostet wurden auch 2005 Sammarco, 2006, 2011 d’Alceo, letzterer zugänglicher mit schöner, ganz individueller Stilistik, beim ersten dürften noch weitere 10 Jahre Warten angesagt sein.
Ganz weit vorne auch der 2011er I Sodi di San Niccolo von Castellare. Engmaschige, präzise Frucht, aristokratisch und doch schon sehr zugänglich.
Vorzügliche Vertreter der neuen Gran Selezione-Klassifizierzung im Chianti Classico-Gebiet waren der 2011er San Lorenzo von Castello di Ama ( einfach wunderschön, exzellente Fruchttiefe und - vielfalt , große Harmonie) und er 2010er Badia a Passignano von Antinori( etwas „Brett“ an der Nase, aber ganz klar und präzise am Gaumen, Kirsche und Mandeln).
Alle verkosteten 2011er Brunellos waren überzeugend, stellvertretend seien Il Marroneto (seidige Tannine, eher herbe Beerenaromen) und La Gerla (eher sinnlich als komplex) erwähnt.
Oreno. Ehrlich gesagt – kannten wir den vor drei Jahren noch gar nicht… Was da praktisch Jahr für Jahr von der Tenuta Sette Ponti kommt, ist sensationell gut. Eine Bordeaux-Cuvee auf Merlot-Basis, die es in sich hat. Kommt aus der Nähe von Arezzo, Kernstück ist der 1935 angelegte „Vigna dell‘ Impero“. Schon die Habsburger, die bis 1858 über die Toskana herrschten, bauten hier Wein an. 2012 zeigt eine geradezu explosive Geschmacksvielfalt und Druck am Gaumen. 2004 und 2008 ist das dann deutlich reifer, was die Klasse dieser Weine beweist.
Von Sette Ponti kommt auch noch der Orma, eine Bolgheri-Cuvee auf gleichem Niveau, aber mit anderer Charakteristik.
Ganz stark zwei Weingüter aus der Maremma:
Michele Satta stellte einen 100% Viognier-Weißwein vor (Giovin Re) 6 Monate Barriqueausbau, der sanfte Frucht und gut tragende Säure vereint. Ansonsten spielt hier der Piastraia die Hauptrolle, eine Cuvee aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Sangiovese und Syrah zu gleichen Teilen. Da war der 2007 schon sehr reif, der 2012er überlädt den Gaumen derzeit noch, wird bestimmt toll reifen.
Die Inhaberin von Le Pupille, Elisabetta Geppetti kann man wohl als Primadonna des Morellino bezeichnen. Sie entdeckte schon vor über 30 Jahren die Vorzüge dieser Traube – so wird in dieser Gegend der Sangiovese genannt. Der einfache Morellino ist hier immer ein sicherer, auch preiswerter Weinwert. Der Spitzenwein ist der Saffredi, eine Bordeaux-Cuvee. 1999 jetzt wohl perfekt, 2005 fällt leicht ab (kein Top-Jahr), 2013 noch ein Frucht-Baby mit tollen Anlagen für die Zukunft.
Und noch was: 100%-er von Merlot und Cabernet Sauvignon langweilig? Überhaupt nicht ! Dies zeigten die beiden „Basilica“-Weine von Cafaggio aus dem Jahrgang 2011. Der del Pruneto lädt den Gaumen zu einem Heidelbeer-Bad ein, der Cortaccio zeigt angenehme Cabernet-Struktur mit klar vinfizierten roten Beerenfrüchten.

Piemont

Hier verhält sich 2011 zu 2010 ähnlich wie in der Toskana, vielleicht sogar noch deutlicher die Unterschiede in der Charakteristik, nicht in der Qualität.
Nach Jahren der Abstinenz von Meran gab sich Altmeister Domenico Clerico mal wieder die Ehre. 2007 Percristina, 2005 und 2009 Pajana, 2009 Ginestra und 2011 Barolo – ohne Lagenbezeichnung, dafür schöne Struktur. Alles auf Top-Niveau, der 2005erPajana biegt gerade in die Antrinkphase ein.
Mit von der Partie wie eigentlich jedes Jahr Rocche dei Manzoni und Ceretto sowie Bruno Giacosa mit einem Hammer 2011er Barolo Falletto. Kurioserweise zugänglicher als derBarbaresco Asili vom gleichen Jahr.
Bei Rocche dei Manzoni Überragend der 2010er Barolo Perno Vigna Cappella di S. Stefano: Feiner Duft wie frisch geschnittene Heidelbeerhecke, Traumhaft schöne Fruchtfülle, tolle Tanninstruktur und Länge. Da stand sogar 2004 Barolo Vigna d’Roul etwas im Schatten, wohl auch weil von der optimalen Trinkreife immer noch ein paar Jahre entfernt.
Zu meinen persönlichen Lieblingen gehören auch die Weine von Elio Grasso. Auch hier sehr gelungen die 2011er Baroli, schöne Fülle und trotz seiner Jugendlichkeit guter Trinfluß beim Ginestra Casa Mate´, während die Frucht beim Gavarini Chinera stärker akzentuiert ist. Am Abend im Sissi gönnten wir uns den 2010er Casa Mate´, ein noch schwer zu ergründendes, aber beeindruckendes Barolo-Monument.

Bordeaux

Fangen wir mit dem unerfreulichen an: der 2013er-Jahrgang ist ganz, ganz schwach, wenn wir das mal an den Chateaus Clinet, Gruaud Larose und Lafon Rochet (je suis desolée !) festmachen darf. Vielleicht gibt es andere, etwas bessere Beispiele, aber die waren in Meran nicht dabei.
Erfreulich dagegen:
2007 Haut Bailly (überraschend für den Jahrgang), 2010 La Croix de Gay (weniger überraschend).

von Thomas Gaßner

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